Sunrise am Votaberg

Langsam legt sich die Dunkelheit wie eine dicke Decke über uns. Das Gipfelkreuz wird zusehends blasser, bis es endgültig von der Nacht verschluckt wird. Die letzten Nebelschwaden ziehen wie riesige Wellen über uns hinweg und schwappen auf der Südseite des Berges wieder ins Tal hinab. Dieser Gedanke eine Nacht am Gipfel des Ötschers zu verbringen reifte schon lange in mir. Jetzt waren Zeit und Umstände perfekt um dieses Vorhaben umzusetzen. Es mag vielleicht für viele kein wahres Abenteuer sein, aber es ist etwas besonders, am Gipfel zu sitzen, die letzten Wanderer abmarschieren zu sehen und zu wissen: Jetzt ist man hier allein mit der Natur, dem Wind, der Sonne, der Nacht, seinen Gedanken…
Gemeinsam mit meinem Patenkind Robert erklomm ich also den markanten Gebirgsstocks des Ötschers. Bepackt mit Schlafsack, Biwaksack, reichlich Essen und Trinken, Zahnbürsterl und natürlich Schnapskarten. Wir hatten wirklich an alles gedacht, außer das scharfe Schweizer Messer blieb erfolgreich zu Hause liegen. Und glaubt mir, es ist wahrhaftig keine Freude ein Mohnweckerl vom Vortag mit einem gratis Plastikmesser vom Spar zu halbieren. Aber es funktioniert.


Da wir schon gegen mittags von Lackenhof losmarschierten, hatten wir reichlich Zeit für unseren Anstieg und konnten versteckte Wege erforschen, Bäume erkunden und Wildkräuter verkosten. Erst beim Schutzhaus trafen wir wieder auf Mitwanderer, weil fast keiner wählt von dieser Seite den Aufstieg per pedes, nein, man wird schief angeschaut, wenn man nicht den Lift benützt, sondern seine Beinchen bis zur Hütte die Bergaufarbeit erledigen lässt.
Je höher man sich hinaufwandert, desto interessanter wird natürlich der Weg, die Aussicht, die Stimmung, einfach alles wirkt intensiver und beeindruckend. Und siehe da, nach ca. 2 Stunden erreichten wir den heißersehnten Gipfel und wurden gleich von einer kräftigen Windböe empfangen.
Robert nutzte die letzten Sonnenstrahlen um ein kleines Nickerchen in der Wiese zu machen, während ich ins Steirische hineinschaute, Gipfel zu erkennen versuchte und einfach Gedanken und Zeit verstreichen ließ.
Gegen Abend hin machten wir uns fertig für unsere Übernachtung, wobei uns die kühlen Temperaturen und der schneidige Wind, uns schon sehr zeitig in den Biwaksack trieben.

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Nichts desto trotzt wurde auch dort noch ein wenig Gekartelt und kassierte ein Pummerl um das andere.
Letztendlich durften wir dann doch noch einen feinen Sonnenuntergang erleben, den wir schon fast, auf Grund der dichten Wolken, abgeschrieben hatten. Doch die Strahlen der Sonne kämpften sich hartnäckig durch und sie versank schließlich in einem strahlend rosa Schimmer am Horizont.


Ja, und die Nacht war durchwachsen. Robert schlief wie ein Stein. Ich, meinerseits, war so durchfroren, dass ich nur ab und an ein wenig Schlaf fand und mich wahrlich freute, als ich die ersten Tautropfen auf den Gräsern schimmern sah.


Es war das erste Mal, dass ich ohne Zelt, auf einem Berggipfel übernachtet habe. Es war viel Aufregung dabei, denn man macht sich schon so seine Gedanken, nach dem Motto: was ist nur wenn… Doch es war eine total schöne Erfahrung. Man muss keine Angst vor der Nacht am Berg haben. Sich nicht fürchten vor nächtlichen Tierattacken. Man erfiert auch nicht, weil gut ausgerüstet. Auch die Sonne kehrt nach der Nacht wieder zurück und zeigt sich in ihrer wahren Pracht im Sonnenaufgang.

 

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